eva.- Nach den anhaltenden friedlichen Protesten in ganz Weissrussland haben Präsident Alexander Lukaschenko und die Behörden nachgegeben. Die Polizei hat die brutale Unterdrückung der Demonstrationen eingestellt, rund 2000 von geschätzten 7000 Festgenommenen wurden bereits aus der Untersuchungshaft entlassen. Viele von ihnen mussten in ärztliche Behandlung und berichteten von brutalen und erniedrigenden Misshandlungen während der Fenstnahme und in der Haft. Der weissrussische Innenminister entschuldigte sich zwar bei den Opfern, bestritt jedoch die Misshandlungen.
Eine entscheidende Rolle spielten die weissrussischen Frauen, die zu Tausenden auf die Strasse gingen, kilometerlange Solidaritätsketten bildeten und Blumen verteilten. Die zentrale Wahlbehörde in Minsk veröffentlichte derweil die offiziellen Endergebnisse der Präsidentenwahl vom 9. August, nach denen Lukaschenko mit rund 80 Prozent gesiegt haben und seine Opponentin Swetlana Tichanowskaja nur 10 Prozent erhalten soll.
Tichanowskaja, die aus Weissrussland ins benachbarte Litauen ausgewiesen worden war, bezeichnete die offiziellen Resultate als Farce und meinte, dass niemand in Weissrussland zu einem Leben unter Lukaschenkos Führung zurückkehren wolle. Sie rief die Bürgermeister aller weissrussischer Städte dazu auf, sich auf die Seite der Opposition zu stellen und friedliche Protestaktionen für Neuwahlen zu organisieren.
Die weissrussische Opposition verlangt die Einstellung der Polizeigewalt, die Freilassung aller politischer Gefangener, die Durchführung neuer demokratischer Präsidentschaftswahlen bis am 15. September, sowie die Bildung eines Koordinationsrats für Verhandlungen zwischen der Regierung und ihren Gegnern. Die baltischen Staaten sowie die Ukraine haben bereits ihre Hilfe für Verhandlungen angeboten. Man befürchtet, dass sich Russland wie bereits 2014 in der Ukraine militärisch in den Konflikt einmischen könnte, um seinen politischen Verbündeten Lukaschenko nicht zu verlieren.
Obwohl zwischen Russland und Weissrussland ein gegenseitiges Hilfsabkommen existiert, könnte ein Eingriff Russlands riskant sein, weil die Opposition eine breite Unterstützung in der Bevölkerung besitzt. Mit Warnstreiks und Manifestationen haben sich viele wichtige Betriebe zu einem Regierungswechsel bekannt gegen die Polizeigewalt demonstriert. Streiks wurden unter anderem aus der Lastwagenfabrik Belas und aus dem Minsker Traktorenwerk gemeldet. Vereinzelt trafen sich Behördenvertreter mit den streikenden Belegschaften.
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