eva.- An einer Grosskundgebung mit rund 2000 Teilnehmern (laut Polizei waren es 1500) brachten am Samstag die Gegner des geplanten Gazprom-Hochhauses ihren Unwillen gegenüber der Baupolitik der Stadtregierung zum Ausdruck. Der Platz vor dem Jubileni-Stadion nahe der Metrostation „Sportivnaja“ war voller Menschen und Flaggen verschiedenster Couleur. Was sofort auffiel, war das Fehlen der roten Fahnen mit Hammer-Sichel-Emblem der Nationalbolschewisten, die bisher jeden „Marsch“ dominiert hatten.
Wie Fontanka.ru schreibt, blieben sie der Kundgebung aufgrund einer Vereinbarung der Veranstalter und der Behörden fern, was die Vertreter der Nationalbolschewisten als Affront empfanden. Die Stadtregierung sorgte damit für den Ausschluss ihrer ärgsten Gegner, die vor keinem Verbot oder Polizei-Aufgebot zurückschreckten. Die Organisatoren wurden dafür mit einer friedlichen Kundgebung mit einer ausserordentlich lockeren Polizei-Präsenz belohnt.
Reden, Gedichte, Kampflieder
Der grösste Gewinn für die Veranstaltung war, dass es an der Kundgebung nicht um Kreml-Politik ging, sondern um das eine Thema ging – um den umstrittenen Gazprom-Turm. Eine ganze Reihe Prominenter traten auf der kleinen Bühne mit Reden, Gedichten und Kampfliedern auf, deren Aussage sich folgendermassen zusammenfassen lassen: Das einmalige Unesco-geschützte Stadtzentrum dürfe auf keinen Fall der Geldgier und dem Machtgehabe des Gazprom-Konzerns geopfert werden.
„Maiskolben“ wird durch „Äpfel“-Partei zum Einsturz gebracht
Mit feurigen Reden traten unter anderem der Petersburger Vorsitzende der Jabloko-Partei Maxim Reznik auf, mit Kampfliedern konzertierten Kulturgrössen wie zum Beispiel der Mitki-Künstler Dmitri Schagin. Im Publikum wurde symbolisch ein Turm mit Mais-Konserven aufgebaut, der dann mit Äpfeln zum Einsturz gebracht werden konnte. Damit wurde auf die Rolle des „Maiskolbens“ (das Hochhaus im Volksjargon) und jene der Jabloko-Partei (Jabloko heisst russisch „Apfel“) angespielt.
Der Kulturminister überrascht Pro- und Anti-Seite mit Kritik am Turm
Gegner und Befürworter überraschte eine Stellungnahme des russischen Kulturministers Alexander Awdejew, der sich nicht nur gegen den Bau aussprach, sondern bei der Staatsanwaltschaft eine Untersuchung über die Rechtmässigkeit des Ochta-Zentr-Projekts injizierte. Gouverneurin Valentina Matwijenko gab sich erstaunt über diesen Schritt, von dem sie aus den Medien erfahren habe. Sie könne nicht verstehen, warum sich das Kulturministerium erst jetzt mit seinen Bedenken melde, schliesslich sei es während des ganzen Entwicklungsprozesses miteinbezogen worden.
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