TOPTICKER.- Zwei Frauen, die gemeinsam ein Kind aufziehen: In weiten Teilen der Welt eine ganz gewöhliche Regenbogen-Familie, so stinknormal, dass sie natürlich bei Ikea einkauft. In Russland aber darf die Geschichte über das Londoner Lesben-Pärchen Clara und Kirsty, die in 25 Länder-Varianten der Dezember-Ausgabe des Ikea-„Family“-Magazins abgedruckt ist, nicht erscheinen: Der Konzern fürchtet den Konflikt mit dem Gesetz gegen „Homosexuellen-Propaganda“.
Wie die Ikea-Russland-Sprecherin Ylva Magnusson dem schwedischen „Aftonbladet” mitteilte, ist Innenausstattung die Sache des Unternehmens, nicht politische oder religiöse Fragen, in denen man bemüht sei, Neutralität zu wahren. Ikea sei stets bemüht, sich an das Gesetz zu halten. Im russischen Gesetz gibt es Magnusson zufolge „Beschränkungen, die die Anerkennung homosexueller Beziehungen betreffen“. Dies habe Ikea dazu veranlasst, die Lesben-Geschichte nicht zu bringen.
Schwedische LGBT-Aktivisten haben Ikea diesbezüglich „Feigheit“ vorgeworfen. Wie „The Daily Mail“ berichtet, sind Menschenrechtler der Ansicht, dass ein „Testlauf“ mit der Lesben-Doppelseite im Kundenmagazin der schwedischen Firma nützlich gewesen wäre, um zu verstehen, was das russische Gesetz tatsächlich unter „Propaganda“ versteht.
Zensur auch in Saudi-Arabien
Im Juni hatte der russische Präsident Wladimir Putin seine Unterschrift unter das umstrittene Verbot der „Propaganda für nicht traditionelle sexuelle Beziehungen gegenüber Minderjährigen” gesetzt. Der vage Wortlaut des Gesetzes ermöglicht laut Rechtsexperten Strafen, wenn etwa jemand Kindern nur erzählt, dass es Lesben und Schwule gibt. Verstöße gegen das „Gay-Propaganda“-Verbot werden mit bis zu 25 000 Euro Geldstrafe geahndet, Ausländern droht die Ausweisung bzw. 15-tägige Haft.
Während die Befürworter des „Propaganda“-Verbots der Ansicht sind, dass das Gesetz Kinder vor schädlichen Einflüssen schützt, sprechen die Kritiker von Diskriminierung der russischen lesbisch-schwulen Community. Ikea hatte im Vorjahr bereits für einen Zensur-Skandal gesorgt, als aus dem Warenkatalog für Saudi-Arabien von den Fotos alle Frauen wegretuschiert worden waren.
Anspielung auf Pussy-Riot
Auch in Russland hat Ikea bereits Erfahrung mit dem sicherheitshalber Entfernen von möglicherweise anstößigem Material. Im September 2012 unterband der Möbelmacher die Veröffentlichung des Gewinner-Beitrags bei einem Fotowettbewerb auf seiner russischen Website: Die auf dem Sieger-Foto abgebildeten Kunden hatten in Balaklawa-Sturmmasken posiert – Ikea sah eine Anspielung auf den Fall Pussy Riot.
Mit dem Slogan „Wir sind offen für alle Familien“, der nun für Russland eine Relativierung erfährt, war Ikea im Jahr 2011 in Italien angeeckt: Neben dem Spruch war ein Bild von einem Schwulen-Paar zu sehen. Die italienische Regierung protestierte. (rian)
Bild: Eugen von Arb/ SPB-Herold
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